An der Grenze

In ihrem Buch "Hoch oben. Eine Reise durch den Himalaya"beschreibt die reisende Autorin Erika Fatland aus Norwegen den Zustand an der Grenze: „Eine Grenze zu überqueren, ist das Übergangsritual des Reisenden. Man verlässt eine Wirklichkeit, mit der man möglicherweise gerade ein wenig vertraut geworden ist, um sich in eine fremde Wirklichkeit zu begeben. Auf dem Weg von der einen zur anderen Grenzstation, mit dem Ausreisestempel, aber noch ohne Einreisestempel, befindet man sich in einem passiven Zustand, den die Sozialanthropologen die liminale Phase nennen – die empfindlich Zwischenphase, in der man einerseits noch nicht vollständig ausgestiegen, andererseits aber noch nicht eingeweiht ist und in der daher alles passieren kann.“ -

Verhält es sich nicht ähnlich mit den inneren Grenzen? Die Ungewissheit, wenn wir eine emotionale oder kognitive Grenze (z. B. Hemmung, Angst, Vorurteil, Glaubenssatz) überschreiten wollen? Und wenn wir es dann geschafft haben, in dem "neuen Land" angekommen sind - geraten dann nicht all die Mühen und Zweifel schnell in Vergessenheit, die es uns gekostet hat, sich dieser Grenze angenähert, sie überschritten zu haben und endlich mit dem "neuen Land" vertraut zu werden? - Deswegen achte ich in meinen lebensgeschichtlichen Interviews darauf, diesem Prozess angemessenen Raum zu geben.

Freuen würde ich mich, wenn ihr die eine oder andere Grenz-Erfahrung mit mir und den anderen Leserinnen und Lesern teilt.

 

 

 

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